DirektvermarktungWesentliche Gründe für den Einstieg in die Direktvermarktung mit Regelenergiebetrieb gemäß EEG 2012/2014
Wesentliche Gründe für den Einstieg in die Direktvermarktung mit Regelenergiebetrieb gemäß EEG 2012/2014
Grundsätzliches:
- 1. Biogasanlagen müssen künftig als Dienstleister Regelenergie bedarfsgerecht liefern. Biogasanlagen erzeugen und liefern Strom idealerweise in das Netz, wenn Windkraft- und PV- Anlagen wegen Sonnen- und Windmangel nicht, oder nur bedingt dazu in der Lage sind.
- 2. Regelenergie ist für die Energieversorgung grundsätzlich notwendig, um die Frequenz von Stromnetzen stabil auf 50 Hertz zu halten. Regelenergie, ob positiv oder negativ, wird ständig dem Bedarf durch Zuschalten oder Abschalten von Stromerzeugern aber auch von großen Stromverbrauchern angepasst.
- Smart grids, sogenannte intelligente Stromnetze für die kommunikative Vernetzung und Steuerung von Stromerzeugern, Speichern, elektrischen Verbrauchern und Netzbetriebsmitteln in Energieübertragungs- und -verteilnetzen der Elektrizitätsversorgung und virtuelle Kraftwerke regeln dies zu jeder Zeit.
- Biogas kann durch die wirtschaftliche Speichertechnologie Regelenergie liefern und wird damit zunehmend unverzichtbar und wichtig. PV Anlagen und Windkraft können keine Netzstabilität anbieten. (siehe im Internet unter netzfrequenz.info das Konzept der Netzstabilisierung)
- 3. Regelenergie ist grundsätzlich immer notwendig und teurer als normal erzeugter Strom. Die Erzeugung von Biogasstrom ist grundsätzlich etwas teurer, gleicht aber durch kostengünstige Speicherbarkeit diesen Nachteil bei weitem wieder aus. Darüber hinaus bietet Biogas weitere Vorteile wie die Stabilisierung der Agrarpreise durch Nutzung von Überschüssen und die Verwertung von organischen Reststoffen und Abfällen aus der Lebensmittelherstellung.
- 4. Es gilt der Grundsatz, je größer die Regelbarkeit (Flexibilität) einer Biogasanlage, also je größer der Gasspeicher, desto höher sind die Zusatzvergütungen für den gelieferten Regel-strom.
- 5. Die bisherige vertraglich bestimmte EEG-Vergütungshöhe jeder Biogasanlage ist beim Einstieg in die Direktvermarktung mit Regelenergiebetrieb grundsätzlich gesetzlich sicher gestellt.
- 6. Zusatzvergütungen zur bisherigen gesetzlichen EEG Vergütung ergeben sich für folgende vier Bereiche:
- - Direktvermarktungszuschlag (0,2 Cent /kWh ins Netz eingespeist) als Ausgleich für zusätzliche Meldepflichten und Verwaltungsaufwand des Anlagenbetreibers
- - Zuschläge für Regelenergiebetrieb positiv/negativ für Sekundärregelleistung und Minuten-reserveleistung
- - Zuschläge für bedarfsgerechten Fahrplan pro Tag, oder saisonalem Sommer-Winter Fahrplan.
- - Flexibilitätsprämie als Investitionshilfe für bauliche und technische Anpassung der Biogas-anlage
- 7. Grundsätzlich gilt jedoch, gemäß EEG 2014 wird die künftig maximale Jahresdurch-schnittsleistung einer Biogasanlage aus der Bemessungsleistung und /oder aus der Höchst-bemessungsleistung errechnet.Die Bemessungsleistung entspricht der seit Inbetriebnahme der Anlage durchschnittlich höchsten erzeugten Strommenge eines jeweiligen Jahres.
- Die Höchstbemessungsleistung entspricht 95 % der installierten Gesamtleistung.
- Dem Betreiber ist frei gestellt, welche höchste Jahresstrommenge für zukünftige eingespeiste Strommengen er wählt.
Höchstbemessungsleistungen sind beispielsweise bei Anlagengrößen von:
- 100 kW x 95 % ist 95 kW pro Jahr x 8.760 Std. = 832.200 kWh/Jahr erzeugter Strom.
- 300 kW x 95 % ist 285 kW pro Jahr x 8.760 Std. = 2.496.600 kWh/Jahr erzeugter Strom
- 500 kW x 95 % ist 475 kW pro Jahr x 8.760 Std. = 4.161.000 kWh/Jahr erzeugter Strom
- 750 kW x 95 % ist 712 kW pro Jahr x 8.760 Std. = 6.241.500 kWh/Jahr erzeugter Strom
- 1.000 kW x 95 % ist 950 kW pro Jahr x 8.760 Std. = 8.322.000 kWh/Jahr erzeugter Strom
Welche Voraussetzungen sind für die Direktvermarktung mit Regelenergiebetrieb zu erfüllen?
8. Vom Netzbetreiber (z.B. Bayernwerk AG) ist grundsätzlich vor Beginn der Maßnahme eine Netzverträglichkeitsprüfung zu beantragen, um die maximale, in das öffentliche Stromnetz einspeisebare Strommenge zu bestimmen.
9. Künftig wird zwischen vorgesehenen einspeisbaren Spitzenlasten unter 1.000 kW und über 1.000 kW unterschieden. Die Mittelspannungsrichtlinie verlangt unter 1.000 kW elektrischer Leistung kein Anlagenzertifikat, über 1.000 kW ist es erforderlich.
Somit entfallen unter 1.000 kW die Kosten für das Anlagenzertifikat.
Vorherige Abstimmung mit dem Netzbetreiber ist in jedem Fall zu empfehlen.
10. Die Voraussetzung zur Erstellung eines Anlagenzertifikates ist das Vorliegen der Einheitenzertifikate für alle bestehenden BHKW Module. Diese werden vom Hersteller zur Verfügung gestellt. Für bestehende BHKW Module gibt es Ausnahmeregelungen.
11. Die Trafostation ist auf die künftig mögliche Spitzenlast auszulegen. Die Leistung muss bei Bedarf im Zuge der Flexibilität der Anlage auch abgerufen werden können. Bestehende PV Anlagen oder andere Stromeinspeiser, die über den gleichen Trafo laufen, sind zu berücksichtigen.
12. Mit dem Netzbetreiber und dem autorisierten, ausführenden Elektrofachbetrieb sind die gesetzlichen und sicherheitstechnischen Anforderungen der Netzeinspeisung wie Einspeiseschutzstation, Trafogröße, Steuerungs- und Schalttechnik etc. zu klären.
13. Es ist dem Betreiber dringend anzuraten mit unabhängigen, erfahrenen Experten verschiedene mögliche Varianten mit Konzept und Wirtschaftlichkeitsdaten zu ermitteln – abhängig von Größe und System der Biogasanlage.
14. Dabei ist grundsätzlich zu beachten, dass die durchschnittliche elektrische Gesamt-leistung der Biogasanlage (über 8.760 Jahresstunden) gemäß EEG 2014 nicht höher liegen darf als bisher. Auf keinen Fall jedoch darf sie über der Höchstbemessungsleistung liegen.
15. Daher erfordert die Umstellung keinen höheren Substrateinsatz und es entsteht kein höherer Bedarf an Lagervolumen für die Gärreste.
16. Die Flexibilitätsprämie wird ab Beantragung und Umstellung für maximal 10 Jahre, längstens aber bis Ende der gesetzlichen Vergütungszeit der jeweiligen Biogasanlage gezahlt.
17. Regelleistung, bedarfsgerechter Fahrplan und Direktvermarktungszuschlag werden als zusätzliche Vergütungsbestandteile bis an das gesetzliche EEG Vergütungsende der Biogasanlage gezahlt.
18. Bei der Entscheidung für eine gewählte Zukunftsvariante ist es unabdingbar, einen Investitionsplan mit Wirtschaftlichkeitsberechnung von unabhängigen, erfahrenen Sachverständigen erstellen zu lassen.
19. Wichtig ist, die ermittelten Wirtschaftlichkeitsdaten mit dem Steuerberater und der Bank abzustimmen.
20. Für jede Biogasanlage sind die Betriebsstunden bis zum Ende der gesetzlichen Vergütungslaufzeit und die Restlaufzeit-Betriebsstunden zu ermitteln. Die angenom-mene entsprechende BHKW Leistung ist immer vorzuhalten. Finanzierungsmöglichkeiten dafür gibt es entweder durch die zusätzliche Flexprämie oder eigene Finanzmittel.
21. Wesentlich für den erfolgreichen Einstieg in die Direktvermarktung mit Regelenergien ist die Überprüfung des bestehenden Wärmekonzeptes. Auf jeden Fall muss die KWK fähige Wärme nachhaltig erfolgreich genutzt werden.
Alle diese Überlegungen sind vor einer Umstellung in die Direktvermarktung mit Regel-energiebetrieb neutral und sachlich zu klären.
Der Erfolg nach der Umstellung bestimmt die Wirtschaftlichkeit der Biogasanlage und macht sie zu einem wichtigen Baustein der Energiewende.
Wir bieten Ihnen fundierte praxisorientierte Erfahrung und unterstützen Sie professionell zu Fragen des Strommarktes, der Stromwirtschaft und Stromrechtes.
Einer unserer Schwerpunkte gilt der gesetzlich vorgeschriebenen, behördlichen Genehmigungssituation von Biogasanlagen vor und nach der Umstellung in die Direktvermarktung mit flexiblem Regelenergiebetrieb.
Adam Bürger, Dipl.-Ing.
b.r.e balance in renewable energies
Ingenieur- und Sachverständigenbüro für Erneuerbare Energien